Der Pegida-Bewegung den Wind aus den Segeln nehmen
Antigida: Eindrucksvolle Demonstration gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Angst vor dem Islam
Marburg. Es war mit Abstand die größte Demonstration, die Marburg seit vielen Jahren gesehen und erlebt hat. 3500 Menschen waren am Montagabend (05.01.) gekommen und vom Hauptbahnhof in die Oberstadt gezogen. Dichtgedrängt standen sie auf dem Marktplatz. Ursprünglich hatten die beiden Studentinnen Hanna Streicher und Susann Trojahn, die die sogenannte Antigida-Demonstration organisiert und angemeldet hatten, mit 200 Menschen gerechnet. Später wurde die Zahl der erwarteten Teilnehmer auf 1500 nach oben korrigiert. Und dann das! Die Erwartungen waren weit übertroffen worden.
Helmut Wöllenstein, der als Propst des Sprengels Waldeck und Marburg als letzter Redner ans Mikrofon trat, erhielt lauten und anhaltenden Beifall als er davon sprach, dass die Kirche es als moralische Pflicht des Abendlandes sehe, Flüchtlinge zunächst ohne Bedingung aufzunehmen, einfach weil sie Menschen in Not sind. Und dabei sei es egal, ob sie Christen, Muslime oder Religionslose seien. Den Pegida-Sympatisanten warf er vor, dass sie sich angesichts von Problemen in der Sozial- und Wirtschaftspolitik einen Sündenbock suchten, der möglichst schwächer und möglichst fremd sei, denn in Dresden gäbe es ja kaum Muslime. Wörtlich führte Wöllenstein dann aus: „Dieser Sündenbock-Mechanismus ist so billig wie er wirkungslos ist. Und vor allem sollte er nach den Katastrophen des letzten Jahrhunderts bei uns in Deutschland durchschaubar sein.“
Wie Wöllenstein wies auch Marburgs Oberbürgermeister Egon Vaupel auf den „Runden Tisch der Religionen“ in Marburg hin. Hier habe man einen respektvollen Umgang und Toleranz eingeübt. Überhaupt zeigte sich Vaupel stolz auf seine Stadt, in der angesichts der überwältigenden Demonstration gegen Rassismus und Intoleranz, Pegida keine Chance haben.
Diesen Stolz teilte auch Hamdi Elfarra, der Vorsitzende der islamischen Gemeinde in Marburg. Es sei ein beeindruckendes Zeichen gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Islamangst, das die Marburger an diesem Abend setzten. Ausdrücklich distanzierte er sich im Namen der islamischen Gemeinde von den extremen und gewalttätigen Auswüchsen des Islamismus. Angst vor einer Islamisierung sei zudem völlig unbegründet.
Angela Dorn, Landtagsabgeordnete der Grünen, warnte davor, Islam und Islamismus zu vermischen. Und an die Adresse von Pegida rief sie aus, gerade das nicht zu können und die Schutzsuchenden zu verhöhnen. „Wovor fliehen den diese Menschen?“ fragte sie mit Blick auf muslimische Flüchtlinge, die vor der Gewalt der Islamisten ihre Heimat verlassen müssen. Stattdessen müsse Ihnen signalisiert werden: „Ihr seid hier willkommen! Wir bringen euch Schutz!“
Text & Bilder: Karl-Günter Balzer (06.01.2015)